Lesezeit: 4 min – Text: Patrick Morda – Foto: AUDI AG, Tobias Sagmeister – 15/04/2025
Herr Honzen, der neue Audi A6 Avant kommt mit der neuen MHEV plus-Technologie: Was verbirgt sich hinter dem Kürzel? Es handelt sich dabei grundsätzlich um die Weiterentwicklung der Technologie Mild Hybrid Electric Vehicle (MHEV). Die ist heute ein etablierter Standard, um über Rekuperation einen gewissen Anteil der Bremsenergie zurückzugewinnen und wieder ins System zurückzugeben. Ein bekanntes Beispiel ist die Start-Stopp-Automatik, die heute weit verbreitet ist. MHEV stellt einen ersten, technisch niederschwelligen Einstieg in die Teilelektrifizierung des Antriebs dar, ohne jedoch rein elektrisch für Vortrieb zu sorgen.
Und bei dem „plus“ ist das jetzt anders? MHEV plus ist für uns in Sachen Effizienz, aber auch beim Fahrerlebnis der nächste konsequente Schritt. Mit Blick auf die CO₂-Emissionen zum Beispiel konnten wir im neuen Audi A6 Avant dank MHEV plus eine Einsparung von bis zu 17 Gramm pro Kilometer gegenüber dem Vorgängermodell ohne die Technologie erreichen.
Matthias Honzen ist seit 17 Jahren bei Audi. Seit Januar 2025 leitet der studierte Maschinenbauer die Entwicklung konventioneller Antriebe und Hybride der AUDI AG.
Wie beeinflusst das MHEV plus-System das Fahrerlebnis? Neben der gesteigerten Rekuperations- und elektrischen Boostleistung bietet der neue Audi A6 Avant mit MHEV plus durch den höheren Elektrifizierungsgrad auch elektrische Fahranteile. In bestimmten Situationen kann man das Fahren wie in einem vollelektrischen BEV (Battery Electric Vehicle) erleben.
Kann man den neuen Audi A6 Avant mit MHEV plus rein elektrisch fahren? Langsame Fahrmanöver wie das Einparken oder Rangieren ermöglicht das System rein elektrisch, ja. Der Fokus bei diesem Hybridsystem liegt aber nicht auf elektrischer Reichweite, sondern auf der elektrischen Unterstützung des verbrennungsmotorischen Antriebs durch Bremsenergiegewinnung und elektrisches Boosten.
Wann macht sich die Unterstützung bemerkbar? Das System wirkt in einem Geschwindigkeitsbereich zwischen 0 und maximal 140 km/h. Es zeigt sich unter anderem im noch spontaneren und agileren Anfahrverhalten oder wenn man beispielsweise auf der Autobahn vom Gas geht: Gibt man dann wieder leicht Gas und reichen die 18 kW elektrische Leistung des Systems aus, um die Fahrzeuggeschwindigkeit zu halten, springt nicht sofort der Verbrenner an. Das 48-Volt-System ermöglicht zudem den Einsatz eines elektrisch angetriebenen Klimaanlagenkompressors. So kann auch bei ausgeschaltetem Motor – beim Segeln oder an einer roten Ampel – der Innenraum konstant auf der gewünschten Temperatur gehalten werden.
In bestimmten Fahrsituationen kann der Audi A6 Avant rein elektrisch bewegt werden.
Wie hat man das technisch erreicht? Die Technik setzt sich im Wesentlichen aus drei Komponenten zusammen: Zunächst ist da der sogenannte Triebstranggenerator (TSG), eine kompakte E-Maschine mit integrierter Leistungselektronik und einer permanenterregten Synchronmaschine (PSM). Zweite Komponente ist eine 48-Volt-Batterie, in der die rekuperierte elektrische Energie gespeichert wird. Die dritte Komponente ist der Riemenstartergenerator (RSG), der kurz gesagt die Aufgabe hat, den Motor zu starten und zusätzlich elektrische Energie für die Batterie zu liefern. Ein weiterer Baustein der MHEV plus-Technologie ist zudem das signifikant weiterentwickelte Bremsregelsystem.
Das für die Rekuperation, also die Energierückgewinnung, sorgt. Einen Stecker wie bei einem Plug-in-Hybriden gibt es nicht. Das ist richtig. Das integrierte Bremsregelsystem (iBRS) ist so ausgelegt, dass möglichst lange über die Rekuperation der E-Maschine gebremst wird, um mit bis zu 25 kW Leistung Energie zurückzugewinnen. Das Regelsystem sorgt dabei für ein druckloses Anbremsen und erreicht die notwendige Verzögerung mittels Rekuperation. Erst bei stärkerer Betätigung des Bremspedals setzt die mechanische Radbremse ein. Das Bremsgefühl bleibt davon unbeeinflusst.
Mehr Leistung
kW
stellt der Triebstranggenerator maximal zusätzlich an elektrischer Antriebsleistung bereit.
Große Wirkung
kW
beträgt die maximale Rekuperationsleistung, mit der das System Energie zurück in die 48-Volt-Batterie speist.
Weniger Emissionen
g/km
CO₂ können mit dem MHEV plus-System je nach Motorisierung eingespart werden.
Ein gewisser Stolz lässt sich da durchaus herauslesen. Die Entwicklung war ungemein vielschichtig und divers, weil sie sich auf so viele Komponenten im Fahrzeug bezieht. Sie betrifft die Batterie, die Komponente der E-Maschine, das Zusammenspiel der Systeme mit Verbrennungsmotor und Getriebe, um die Übergänge – elektrisch, hybridisch, verbrennungsmotorisch – nahtlos und elegant abzustimmen. Nicht zu vergessen die Softwareentwicklung bis hin zum Thema Akustik. Wenn man sich anschaut, wie viele unterschiedliche Entwicklungsdisziplinen zusammengewirkt haben, dann ist das schon eine herausragende Teamleistung.
Was begeistert Sie persönlich? Die Einsparungen bei den CO₂-Emissionen sind ein wichtiger Beitrag. Nur sind Verbrauchswerte wenig emotionalisierend. Aber wenn man erlebt, wie das MHEV plus-System arbeitet, das elektrische Fahren funktioniert, dann macht das Einsparen auch Spaß. Man erkennt sofort, dass man auf nichts verzichtet – im Gegenteil: Dass wir diese wirklich kundenerlebbaren Vorteile so herausarbeiten konnten, beeindruckt mich immer wieder aufs Neue.
Das kompakte sowie leistungsstarke elektrische Antriebsmodul, der Triebstranggenerator (TSG), ist über ein Getriebe in den Antriebsstrang eingebunden.
Als technischer Projektleiter für den Antriebsanteil der PPC (Premium Platform Combustion) war Matthias Honzen auch an der Entwicklung des neuen Audi A6 Avant beteiligt.
Das kompakte sowie leistungsstarke elektrische Antriebsmodul, der Triebstranggenerator (TSG), ist über ein Getriebe in den Antriebsstrang eingebunden.
Als technischer Projektleiter für den Antriebsanteil der PPC (Premium Platform Combustion) war Matthias Honzen auch an der Entwicklung des neuen Audi A6 Avant beteiligt.
Die neue Generation des Audi A6 Avant ist dynamischer, effizienter und digitaler als je zuvor. Moderne Benzin- und Dieselmotoren steigern dank der Mild-Hybrid-Technologie MHEV plus die Performance und mindern CO₂-Emissionen. Auf langen Strecken und in der Großstadt können das Luftfederfahrwerk und die Allradlenkung gleichermaßen für hohen Fahrkomfort und agiles Handling sorgen.